Die Tropilaelapsmilbe
Die Tropilaelapsmilbe
Die Tropilaelapsmilbe lebt als parasitäre Milbe in Bienenvölkern. Ihr ursprünglicher Wirt ist die asiatische Riesenhonigbiene Apis Dorsata. Von der Apis Dorsata hat aber bereits der Wirtswechsel auf andere Bienenvölker in Asien stattgefunden, z.B. auf die Apis Ceranae und auf unsere auch in Asien vorkommende Apis Mellifera.
Noch ist dieser Parasit nicht in Europa angekommen, aber es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis es soweit ist. Die Varroamilbe hat auch den weiten Weg von Asien nach Europa geschafft. Und die Asiatische Hornisse ist inzwischen ebenso in Deutschland angekommen. Die Sorge vor dieser neuen Milbe ist zumindest so groß, dass sie in Deutschland bereits heute als meldepflichtige Seuche eingestuft wurde. Tropilaelaps ist unaufhaltsam in Richtung Europa unterwegs. Von Süd-Ost-Asien hat sie sich aufgemacht nach China und Korea und sich dort auch etabliert. Man dachte bisher, dies könne nicht geschehen, da diese Milbe in brutfreien Völkern wie sie im Winter vorkommen nicht überleben könne. Inzwischen ist sie aber weitergewandert und über den Irak nach Pakistan eingewandert, wo sie sich trotz hartem Winter ebenfalls behaupten kann. Tropilaelaps stand 2019 vor der Grenze zur Türkei und von dort ist es nur ein kurzer Weg über den Balkan zu uns. Es stellt sich also nicht die Frage ob sie kommen wird. Dass sie kommen wird ist sicher, die Frage ist nur wie lange es noch dauern wird. Und seit 2024 findet man sie bereits in der Ukraine und der Türkei.
Schlimmer als die Varroamilbe kann die Tropilaelapsmilbe Bienenvölker in viel kürzerer Zeit dahinraffen, denn sie vermehrt sich wesentlich schneller als Varroa. Ähnlich wie Varroa gliedert sich ihr Leben in eine phoretische und eine reproduktive Lebensphase. Ihre phoretische Phase, also die Zeit die sie auf der Biene verbringt ist dabei sehr kurz, meist nur ein Tag oder sogar weniger. Die meiste Zeit verbringt sie in der Bienenbrut, wo sie sich ähnlich der Varroamilbe von den Bienenlarven ernährt. Sie saugt an den Larven und fügt ihnen dabei wesentlich größere Schäden als die Varroamilbe zu. Während die Varroamilbe an der Bienenlarve nur eine einzelne Einstichöffnung anlegt, aus der sie immer wieder saugt, sticht die Tropilaelaps-Milbe vielmal in die Bienenlarve um dort zu saugen. Gewöhnlicherweise verheilt die einzelne Einstichwunde, die Varroa der Bienenlarve zufügt, ohne dass der Einstich selbst bleibende Schäden hinterlässt. Bei der Tropilaelapsmilbe hingegen führt jeder der zahlreichen Einstiche zu massiven Verletzungen an der Einstichstelle. Wenn Tropilaelaps beispielsweise an einem Bein einer Arbeiterinnenpuppe saugt, dann wird diese Arbeiterin mit einem verkrüppelten Bein schlüpfen. Und Tropilaelaps wandert mehrmals täglich in unterschiedliche Bienenbrutzellen um dort jeweils einen kleinen Imbiss zu nehmen. Dort penetriert sie im Gegensatz zur Varroamilbe auch jüngste ein- oder zweitägige Larven, die ja noch kaum eigene Masse haben und durch die zugefügten Verletzungen oft noch vor der Verdeckelung absterben.
Eine große Anzahl an Wunden aber auch die Übertragung von Viren führen zu einem signifikanten Gewichtsverlust und einer erheblichen Verkürzung der Lebensdauer der dann schlüpfenden Bienen. Die übertragenen Viren führen bei den schlüpfenden Bienen zu deformierten Flügeln und weiteren Krankheiten, die wir bereits bei stark mit Varroa befallenen Völkern kennen. In Asien ist die Tropilaelapsmilbe weit mehr gefürchtet als die Varroamilbe. Im Gegensatz zur Varroa können auch nicht verpaarte weibliche Tropilaelapsmilben sowohl männliche als auch weibliche Nachkommen hervorbringen. Darüber hinaus vermehren sich sowohl junge Töchter als auch Gründermilben sehr erfolgreich, ohne eine phoretische Periode zu durchlaufen, was wiederum zu vielen Generationen pro Jahr führen kann. Die Lebensdauer einer Milbe beträgt vermutlich ca. 4 Wochen, solange offene Brut zur Verfügung steht. Wenn keine offene Brut zur Verfügung steht, verhungert Tropilaelaps angeblich nach etwa zwei Tagen, denn im Gegensatz zur Varroamilbe soll sie nicht in der Lage sein an der geschlüpften Biene zu saugen. Dies war zumindest bisher die mehrheitliche Vermutung der Bienenforscher. Aber inzwischen gibt es berechtigte Zweifel an dieser Vermutung. Warum können Tropilaelaps selbst in den kalten Gegenden Nord-Chinas überleben? Genügen hierzu bereits kleinste Flecken offener Brut, um die Ernährung der Tropilaelaps sicherzustellen? Insofern ist diese Milbe auch für Europa eine große Gefahr, denn durch das immer wärmere Klima gibt es bereits heute kaum mehr brutfreie Zeiten der Bienenvölker selbst in den Wintermonaten. Bei der Tropilaelapsmilbe halten sich 90% der Milben innerhalb der Bienenbrut auf. Während die Varroamilbe Drohnenbrut wesentlich stärker als Arbeiterinnenbrut parasitiert, kommt die Tropilaelapsmilbe nur unwesentlich häufiger in Drohnenbrut vor. Die Varroamilbe scheint, verglichen mit der Tropilaelapsmilbe, geradezu harmlos für die Bienenvölker zu sein. Denn Varroa verändert sich genetisch kaum. Es herrscht fast ausnahmslos Inzucht vor, die Muttermilbe legt das erste Ei, aus dem ein Männchen schlüpft. Aus allen danach folgenden Eiern, die die Muttermilbe legt schlüpfen Weibchen, die von ihrem Bruder begattet werden. Beim Schlupf der fertigen Biene überleben und schlüpfen dann nur die Muttermilbe und die begatteten Töchter. Der Sohn und die noch unbegatteten Varroamilben sterben. Anders verhält es sich bei der Tropilaelapsmilbe: Die Muttermilbe legt verschiedene Eier, männliche und weibliche Tropilaelapsmilben schlüpfen in unterschiedlicher Reihenfolge. Die Begattung findet auch in der Bienen-Brutzelle statt. Aber beim Schlupf der fertigen Biene überleben alle Tropilaelapsmilben: Die Muttermilbe, die begatteten und unbegatteten Töchter und die Söhne. Beim nächsten Reproduktionszyklus treffen genetisch unterschiedliche Milben zusammen. Söhne und Töchter verschiedenster Mütter paaren sich und sorgen für genetische Vielfalt. Selbst unbegattete Weibchen reproduzieren erfolgreich. Und die Tropilaelapsmilbe ist gegenüber Pestiziden wesentlich widerstandsfähiger als die Varroamilbe.
Mit bloßen Augen ist die Tropilaelapsmilbe schwer auszumachen, denn sie ist nur etwa halb so groß wie die Varroamilbe. Sie hat aber eine längsovale Form im Gegensatz zur Varroa, die eine querovale Form hat. Ihre Farbe ist unauffällig hell weißlich, fast durchscheinend. In älterem Zustand ist sie hellbraun gefärbt. Da sie sich kaum auf den Bienen aufhält ist es schwer sie zu finden. Anders als die träge Varroamilbe ist die Tropilaelapsmilbe sehr schnell unterwegs und hält kaum still. Diese sehr schnellen Bewegungen und die unauffällige Färbung, sowie die geringe Größe führen dazu, dass sie oft zu spät bemerkt wird. Bei der Kontrolle der Völker in Asien nützt deshalb die Gemüllschublade kaum. Hier wird anders verfahren. Es werden verdeckelte Brutwaben gezogen und die meisten der darauf befindlichen Bienen kurz abgeschüttelt. Dann wird die verdeckelte Brutwabe kurz und hart mit dem Rähmchenunterträger auf eine feste Unterlage, z.B. ein sauberes Holzbrett gestoßen. Die dadurch abfallenden Tropilaelapsmilben rennen hektisch auf dem Holzbrett herum, und sind in Bewegung besser sichtbar. Eine Behandlung startet, sobald Milben sichtbar sind. Derzeit können wir für unsere Bienenvölker nur hoffen, dass sie so lange wie möglich von diesem Parasiten verschont bleiben. Denn sollte er den Weg nach Europa schaffen, wäre dies eine große Katastrophe. Von asiatischen und amerikanischen Bienenwissenschaftlern wird die Situation wie folgt beurteilt: „Die versehentliche Einwanderung der Tropilaelapsmilbe außerhalb ihres derzeitigen Verbreitungsgebietes wird weltweit ein enormes Bienensterben auslösen und katastrophale Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben.“ (Patcharin Phokasem et al. SciRep2019, Chiang Mai University) (doi.org/10.1016/j.cois.2018.01.012) In Pakistan sind durch die Tropilaelapsmilbe zehntausende Apis mellifera Völker in wenigen Jahren zugrunde gegangen. (Dr. Samuel Ramsey)
Vermutlich werden in Europa zur Bekämpfung ähnliche Konzepte wie bei der Varroamilbe zum Tragen kommen. Auch erfolgversprechend könnte das Käfigen der Bienenköniginnen und Brutfreimachen der Bienenvölker sein, da Tropilaelaps vermutlich nicht lange ohne Bienenbrut überleben kann. Ein Kunstschwarm könnte so in wenigen Tagen von der Tropilaelaps Milbe befreit werden. Aber ob dem so ist wird sich zeigen. Das Wissen über diese Milbe ist noch sehr begrenzt und viele wesentliche Fragen bleiben bis heute ungeklärt. Es gibt die große Befürchtung, dass die Tropilaelapsmilbe vielleicht doch auch an der Biene saugen und sich so über Notzeiten bringen könnte. Wenn sie es schafft zu den Intersegmentalhäutchen vorzudringen könnte sie dort einstechen und Nahrung aufnehmen. Dass die Tropilaelapsmilbe ebenso wie die Varroamilbe auch Viren überträgt kommt erschwerend hinzu. Tropilaelaps wird Varroa ablösen. Darauf sollten wir vorbereitet sein.
Karl-Heinz Schäfer
Bienensachverständiger