bienenzuchtverein hohenthann

Bienenwachstücher

Bienenwachstücher statt Plastik?

Immer wieder werben ökologisch denkende Menschen, dass ein Bienenwachstuch die bessere Alternative zu Plastikverpackungen sei. Man könne darin verschiedenste Lebensmittel einwickeln, ohne wie bei der Plastikverpackung befürchten zu müssen, dass gefährliche Weichmacher in die Lebensmittel wandern. Auch könnte man damit den Plastikmüll erheblich reduzieren, wenn nur genügend Menschen mitmachen und auf Bienenwachstücher umsteigen würden. 

Inzwischen gibt es diese umweltfreundliche Alternative auch günstig online zu erwerben. Aber leider gibt es bei dieser, auf den ersten Blick sehr sinnvoll erscheinenden, Alternative ein Problem:

Was ist das für Wachs in den angebotenen Tüchern, woher kommt es, welche Qualität hat es?
Wenn Bienen ihre Waben bauen, dann schwitzen sie das benötigte Wachs aus den sog. „Wachsspiegeln“ an ihrem Hinterleib. Dieses Wachs ist vollkommen, absolut rein und frei von Schadstoffen. Es ist anfangs glasklar und wenige Tage danach, wenn die Bienen dieses Wachs kunstvoll im Wabenbau integriert haben, schneeweiß. Im Laufe der Zeit wird es mehr und mehr gelb, so wie die meisten Menschen das Bienenwachs kennen. Die gelbe Farbe entsteht dadurch, dass Bienen das Wachs belaufen und dabei gelben Pollen, der an ihren Beinchen haftet, hinterlassen. 

Dieses frische Wachs ist äußerst wertvoll und wird von Bienen genutzt, um Honig einzulagern oder die Brut unterzubringen. Im Handel ist dieses Wachs so gut wie nicht erhältlich. Im weiteren Jahreslauf wird das Wachs immer wieder bebrütet und immer dunkler, da das erste Abkoten beim Übergang der Rundmade zur Streckmade am sechsten Tag nach Eischlupf in der Wachszelle erfolgt. Und die Bienen kommen bei ihren Sammelflügen auch mit landwirtschaftlichen Spritzmitteln in Kontakt, welche sie mit ihren Beinen auf den Waben verteilen. 

Selbst in der Bio-Imkerei lässt sich das kaum vermeiden, denn die Bienen haben ihren eigenen Kopf, sie lassen sich nicht vorschreiben, auf welchem Feld sie Nektar sammeln. Und dann sind da noch die Pyrrolizidinalkaloide, die einige Pflanzen wie der Hahnenfuß, als Fraß-Schutz entwickelt haben. Auch diese Giftstoffe reichern sich im Bienenwachs an. 

Aus diesem Grund muss das Wachs spätestens im zweiten Jahr aus dem Volk entfernt werden. „Wabenhygiene“ nennt der Imker diese wichtige Maßnahme, die der Gesunderhaltung des Bienenvolkes dient. Das Wachs wirkt wie ein Schwamm, der die Giftstoffe aufnimmt. Der Imker nennt das Wachs deshalb auch „die Leber des Bien“. Der Imker wird diese alten Waben einschmelzen und dabei das schwarze Wachs von den sichtbaren Verunreinigungen befreien. Übrig bleibt nach dem Klären neben einer Menge schwarzer Trester, schönes goldgelbes Wachs, welches aber immer noch alle eingetragenen Giftstoffe enthält.
Diese lassen sich nicht mehr entfernen und deshalb verwendet der Imker dieses Wachs nicht immer und immer wieder zur Herstellung von Mittelwänden. 

Waben aus dem Honigraum können dabei durchaus einige Zyklen der Wiederverwertung durchlaufen, weil sie nicht bebrütet werden, aber nicht die Waben aus dem Brutraum, denn diese sind zusätzlich durch die Maden verkotet. Deshalb werden auch keine Brutwaben geschleudert, denn Kot hat im Honig nichts zu suchen. 

Bei preiswert angebotenen Wachstüchern unbekannter Herkunft dürfen Sie sehr skeptisch sein. Rückstandsfreies Wachs ist grundsätzlich nicht für billiges Geld am Markt und findet sich noch seltener in Bienenwachstüchern. Wenn Sie trotzdem lieber Bienenwachstücher als Plastik verwenden wollen, dann sprechen Sie mit einem Imker Ihres Vertrauens. Bitten Sie ihn ab Ende Mai schon um eine kleine Menge „Deckelwachs“ sobald er mit dem Schleudern beginnt. Dieses Wachs ist nur wenige Tage alt und frei von Giftstoffen. Manchmal motiviert ein Fläschchen Wein, wenn Sie ihn fragen und er wird gerne eine Handvoll von diesem wertvollen Deckelwachs an Sie abgeben. 

Jetzt können Sie selbst ein Bienenwachstuch herstellen. Sie müssen jetzt nur noch ein unbelastetes Tuch finden.

Karl-Heinz Schäfer

Bienensachverständiger

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