Auszug aus dem Newsletter des Bieneninstitut Celle
Addendum: auf vereinzelte Nachfragen, wofür wir das Imkern im einräumig angepasstem Brutraum nicht propagieren würden, beziehen wir hier Stellung
Grundsätzlich sei es jedem überlassen, Bienenvölker so zu führen, wie er/sie es für richtig hält, solange es dem Tierwohl entspricht, nachhaltig Honigerträge erzielt und Völkerverluste grundsätzlich vermieden werden. Allerdings empfehlen wir, dem eigenen Anspruch und der Überzeugung folgend, eine in der imkerlichen Praxis erprobte, erfolgreiche modulare, mehrräumige Magazin-Betriebsweise, die wissenschaftlich verifiziert und damit faktenbasiert ist.
Das Imkern im einräumig angepassten Brutraum empfehlen wir aus fachlicher Überzeugung und eigener, dieser Betriebsweise widersprechender, erarbeiteter Daten nicht. Wir sind der Meinung sie engt mit Schieden das Bienenvolk in seiner natürlichen Entwicklung ein und nimmt so den Bienen den Freiraum zur natürlichen Entfaltung ihres Potentials.
Der in der Natur vorzufindende Nestaufbau, der, der Struktur einer Zwiebel ähnlich, dynamisch das Brutnest von oben her rundum mit Honig- und Pollenvorräten umschließt, wird so unterbrochen und zwangsweise voneinander getrennt. Das widerspricht unserer Annahme nach dem Tierwohlgedanken3.
Die Empfehlung, Pollenwaben stets aus dem eng geschiedeten Brutnest zu entnehmen, weil sie dort stören würden, steht den Bedürfnissen der Bienen, einer brutnestnahen Verfügbarkeit, potentiell entgegen. Wofür sonst lagern die Bienen überschüssigen Pollen dort ab?
Das Schieden bindet den Imkernden auch terminlich. Er muss sich bei der mehrräumigen Magazin-Betriebsweise beispielsweise keine Sorgen darum machen, dass die Völker nach der Honigernte, aufgrund von unmittelbarem Futtermangel, schlagartig Bienenmasse verlieren oder gar verhungern könnten. Dafür stehen in der Regel stets genügend Futterreserven in den Bruträumen unter dem Absperrgitter zur Verfügung. Hierfür lautet richtigerweise auch die banal klingende Empfehlung, „Honig unter dem Absperrgitter gehört den Bienen“.
Dem muss bei ausbleibender Folgetracht beim Imkern im angepassten Brutraum jedoch mit fragwürdiger Zwischenfütterung gegengesteuert werden. So lautet die Empfehlung, sogleich mit einem 2,5-kg-Paket Apifonda zu füttern, wenn der Frühjahrs- bzw. Rapshonig abgeerntet wird4.
Dadurch sollen die Völker ihre Flugbienen und Stärke für die Folgetracht beibehalten. Das widerspricht unserer Annahme von einer „Guten imkerlichen Praxis“ und kann zu Honigverfälschungen in der Folgetracht führen3,5. Auch das Umhängen von einzelnen Honigwaben aus der abzuerntenden Zarge in einen neuen, sonst leeren Honigraum ist fragwürdig. Nicht verbrauchte Honigreste kristallisieren womöglich dort aus und mindern die Qualität der später zu erntenden Folgetracht.
Zudem stellt sich die Frage: Wofür eine Großraumbeute mit den damit verbundenen Vorzügen des ungeteilten Brutraumes, wenn der eigentliche Raum während der aktiven Bienensaison auf 5 bis sechs Waben begrenzt und nie komplett ausgenutzt wird? Ein zweiräumiger Brutraum bietet brutfreudigen Bienenherkünften die freie Entfaltungsmöglichkeit beide Räume zur Brutanlage zu nutzen.
Populationsschätzdaten zeigen, dass die Trennung der Bruträume über zwei Rähmchen unerheblich ist, solange der „bee-space“ eingehalten wird. Unterschiedliche Rähmchenmaße zwischen großen Brutraum- und kleinen Honigraumwaben und der ohnehin geschiedete, auf wenige Waben eingeschränkte Brutraum, können die Jungvolk-Erstellung zeitig im Jahr erschweren.
Empfohlen wird daher beim Imkern im angepassten Brutraum eine Jungvolk-Erstellung am Ende der Saison über das Kunstschwarm-Verfahren mit (alten) Bienen aus den Honigräumen z.B. 6. Dagegen können die natürlichen Abläufe einer frühen Schwarmbildung im Jahr in der Magazin Imkerei mit zwei Bruträumen zunutze gemacht werden, indem die Jungvolkbildung in den Jahreslauf eingepasst wird. Die frühzeitig im Jahr begonnene Erstellung von Jungvölkern mit integrierter Königinnenzucht aus dem eigenen Bestand, dämpft den Schwarmtrieb der Wirtschaftsvölker und bringt bis zum Ende der aktiven Saison starke, überwinterungsfähige, Varroa-befreite Völker hervor2,7.
Die Behauptungen der Befürworter, durch den angepassten Brutraum würde der Wärmehaushalt im Bienenvolk verbessert, dadurch die Leistungsfähigkeit des Bienenvolkes erhöht, die Bienengesundheit befördert und mehr Honig geerntet, sind genauso wie die Behauptung, die Langlebigkeit der Bienen könne sich im angepassten Brutraum samt Isoliermaßnahmen um bis zu 30 Tage erhöhen, allesamt mit keinen wissenschaftlich erhobenen Daten belegt.
Wir erheben den Anspruch unsere Empfehlungen zu einer erfolgreichen Betriebsweise wissenschaftlich zu untermauern. Dafür wurden umfangreiche mehrjährige Untersuchungen mit vielen Völkern, zusammen mit Imker und Imkerinnen aus der Praxis (Multiplikatoren) und auch in Kooperation mit anderen Bieneninstituten durchgeführt, um mögliche geographische Effekte mit aufzunehmen2.
Alle diese Untersuchungen wurden grundsätzlich mit Populationsschätzungen jedes einzelnen Volkes regelmäßig begleitet, so dass wir die Effekte jedes Betriebsweisen-Elementes, jedes imkerlichen Eingriffes auch auf die Volksentwicklung, auf Erträge und die Bienengesundheit und die Varroa-Kontrolle erfassen konnten7,8.
Dabei gilt neben gesunden, vitalen Bienenvölkern als Erfolgsmaßstab, hohe Honigerträge zu erzielen und mit geringen, besser gar keinen Winterverlusten die Freude für das Imkern zu ermöglichen.
Wir werden weiter an unserer verlässlichen Imkerfachberatung festhalten und freuen uns über die vielen positiven Rückmeldungen, die sich in Ergänzung zu unseren „Celler Infobriefen“ auch bei der regen Nutzung unserer Erklärvideos auf unserem YouTube Kanal widerspiegeln.
Literatur:
1) Gerig L. (1983) Lehrgang zur Erfassung der Volksstärke. Schweiz. Bienen-Zeitung, 106(4): 199-204.
2) Aumeier, P., Boecking, O., Liebig, G. (2012) Bausteine für Imker (BiV-Projektbericht). Deutsches Bienen Journal 20 (6): 6-9.
3) von der Ohe, W., Beims, H., Boecking, O., Janke, M. (2020) Tierwohl/Bienenwohl und „Gute Imkerliche Praxis“. Celler Infobrief 06/2020.
4) Heuvel B. (2019) Imkern übers Jahr: Mai Wandern, um Honig zu ernten. Bienen & Natur, 5: 7-9.
5) Food and Agriculture Organisation of the UN (FAO) (2021) Good beekeeping practices for sustainable apiculture, p. 55.( https://www.apimondia.org/latest/good-beekeeping-practices-for-sustainable-apiculture)
6) Binder, J. (2019) Ganzjährige Anpassung des Brutraumes im Jahreslauf. (verfügbar z.B. unter https://www.apitherapie.at/images/download/BrutraumBinder.pdf)
7) Aumeier, P., Boecking, O., Liebig, G. (2012) Gesund in den Winter (BiV-Projektbericht). Deutsches Bienen Journal 20 (8): 18-19.
8) Aumeier, P., Boecking, O., Liebig, G. (2012) Milbenarm ins Frühjahr (BiV-Projektbericht). Deutsches Bienen Journal 20 (11): 14-15.
9) Conrad R. (2022) To insulate or not to insulate. Bee Culture (https://www.beeculture.com/to-insulate-or-not-to-insulate/)
10) Charrière J.-D. et al. (2003) The removal of capped drone brood: an effective means of reducing the infestation of varroa in honey bee colonies. Bee World, 84:117–124.
11) Wantuch H. A. & Tarpy, D. R. (2009) Removal of drone brood from Apis mellifera (Hymenoptera: Apidae) colonies to control Varroa destructor (Acari: Varroidae) and retain adult drones. J Econ Entomol,102: 2033–2040.
12) Odemer R. et al. (2022) Temporal increase of Varroa mites in trap frames used for drone brood removal during the honey bee season. J Appl Entomol, 146: 1207–1211.
13) Odemer R. et al. (2023) Lohnt sich das Schneiden von Drohnenbrut? Schweizerische Bienen Zeitung 02: 20-24.
LAVES Institut für Bienenkunde Herzogin-Eleonore-Allee 529221 Celle (2025), Beginn der Kirschblüte
abgerufen am 12.Mai 2025 um 17:08 von
https://www.laves.niedersachsen.de/startseite/tiere/bienenkunde/informationsmaterial/beginn-der-kirschblute-240588.html